Feste Kaiser Wilhelm II
Man muss sich in die damalige Zeit hineindenken, um zu verstehen, warum eine solche mächtige und waffenstarrende Festung errichtet wurde. Aus heutiger Perspektive ist das kaum zu verstehen. Bevor ich also etwas über die Festung selbst erzähle, schauen wir kurz ins Geschichtsbuch: 1871 … Frankreich hat schmachvoll den Deutsch-Französischen Krieg verloren und Deutschland – strahlender Sieger dieser Auseinandersetzung – konnte sich unter anderem der französischen Grenzregionen Elsass-Lothringen bemächtigen. Angesichts der Rohstoffvorkommen und dem zunehmenden Bedarf an diesen durch die deutsche Industrie ein wahrer Glücksfall für das ebenfalls frisch gegründete Deutsche Kaiserreich unter der Führung von Kaiser Wilhelm II.. Natürlich gab es Sorgen, dass sich Frankreich die für ihn ebenfalls wichtigen Regionen zurückholen wird. Daher unternahm das Kaiserreich große Anstrengungen, die strategisch wichtigen Städte Metz, Thionville (damals Diedenhofen) und Straßburg durch neue Festungen militärisch zu sichern. Man beäugte die Aktivitäten der Franzosen, die wenige Kilometer hinter der neuen Grenze die sogenannte Barrière de Fer errichteten – ebenfalls eine Festungskette – mit großem Argwohn.
Eines der ersten Großprojekte des deutschen Militärs war die Errichtung eines Festungsgürtels rund um Straßburg. Aus heutiger Sicht hätte man sich Geld und Mühe sparen können. Denn kurz nach seiner Fertigstellung galten sämtliche Festungen als veraltet. Ironie der Geschichte. Zwischenzeitlich gab es nämlich eine sprunghafte Entwicklung der Waffentechnik. Es gab eine neue Generation von Geschützen, mit denen man weiter und genauer schießen konnte, und es wurden die sogenannten Brisanzgranaten entwickelt, die eine enorme Sprengkraft hatten. Mit beidem zusammen hätte man die Festungen rund um Straßburg innerhalb kurzer Zeit in Schutt und Asche legen konnten. Sie waren oberirdisch errichtet – mit freistehenden Geschützen. Ein Leckerbissen für einen guten Artilleristen.
Kaiser Wilhelm II. konnte das nicht ignorieren. Die just zuvor gebauten Festungen abschreibend beschloss er am 28. April 1893 die Errichtung einer neuen und modernen Großfestung westlich von Straßburg. Als Bauplatz wurde eine Bergkuppe nahe Mutzig ausgewählt. Denn die Deutschen rechneten damit, dass ein französischer Angriff aus dieser Richtung kommen wird. Einen anderen (direkten) Zugang zu Straßburg gab es wegen der Vogesen nicht.