Entwicklung der altpreußischen Festungsbaumaniser

Friedrich II von Preußen



Wer war eigentlich Friedrich II.?.

Friedrich II. – vielen nennen Ihnen Friedrich der Große oder einfach nur der „Alte Fritz“ lebte zwischen 1712 und 1786 und war ab 1740 König von Preußen. Heute ist er wohl der bekannteste aller preußischen Könige. Er gilt jedoch als schillernde und durchaus widersprüchliche Persönlichkeit.

Heute denken viele Menschen bei Friedrich dem Großen daran, dass er sein Land modernisierte. Er baute das Schloss Sanssouci in Potsdam, ihm lag daran, dass das Recht für alle Einwohner gelten sollte, er baute das Bildungssystem aus, schaffte endlich die Folter ab und kümmerte sich vor allem auch darum, dass sein Volk genug zu essen hatte. Nachdem im 16. Jahrhundert Entdecker die Kartoffel von Südamerika nach Deutschland brachten, setzte er sich dafür ein, dass sie in Preußen von möglichst vielen Bauern angepflanzt wird. Er schrieb sich Briefe mit dem französischen Philosophen Voltaire und fand, ein König sollte aufgeklärt sein, also gerecht und gut zu seinen Untertanen. Friedrich der Große war jedoch auch ein Feldherr. Seinen kriegerischen Erfolgen verdankt Preußen seinen Aufstieg, was gut einhundert Jahres später zur Gründung des deutschen Kaiserreichs unter preußischer Führung mündete. Kurz nach seiner Besteigung des preußisch-brandenburgischen Throns im Jahr 1740 begann er einen Krieg mit Österreich, weil er das Einflussgebiets Preußen erweitern wollte.

Trauriger Höhepunkt seiner vielen kriegerischen Auseinandersetzung war der Siebenjährige Krieg, bei dem Preußen zusammen mit Großbritannien / Kurhannover gegen Österreich, Frankreich und Russland ins Feld zogen. In gewisser Weise war das der erste weltumspannende Krieg, denn er wurde auf den Weltmeeren geführt und im Herzen Europas. Für Friedrich II. spielten Festungen bei seinen Feldzügen eine zentrale Rolle. Von hier aus wurden seine riesigen Heere versorgt und boten ihnen (jedenfalls teilweise) auch Unterkunft.

Der Festungsbau zu Zeiten Friedrichs II. wurde noch maßgeblich von der bastionären Manier nach den Lehren des französischen Festungsbaumeisters Sébastien Le Prêtre de Vauban geprägt. Der Alte Fritz, der sich persönlich beim Festungsbau einbrachte, wendete sich allerdings zusammen mit seinem Festungsbaumeister Gerhard Cornelius (von) Walrave (1692-1773) davon ab. Beide zusammen entwickelten einen eigenen Festungsstil, der heute als altpreußische Befestigungsmanier bezeichnet wird.

Die altpreußische Befestigungsmanier


Festungen spielten im Verlauf der letzten Jahrhunderte eine zentrale Rolle zur Verteidigung der Landesgrenzen bzw. der Machtansprüche der verschiedenen Herrscherhäuser in Europa. Das war in Preußen nicht anders. Bis ins beginnende 19. Jahrhundert hinein dominierte die bastionäre Befestigungsmanier den Festungsbau. Sie wurde stark durch den französischen Festungsbaumeister Sébastien Vauban und seiner Schule geprägt. Gleichzeitig mehrten sich allerdings auch Stimmen, die auf die Schwachstellen solcher Festungen hinwiesen. Ein wichtiger Verfechter alternativen Befestigungsformen war unter anderem der Franzose Marc-René de Montalembert (1714-1800). Während in Frankreich seine Ideen abgelehnt wurden, wurden sie allerdings von den Preußen unter Friedrich II. aufgegriffen, leicht verändert und in die Tat umgesetzt.

Da für Friedrich II. der Festungsbau eine relevante Rolle bei seinen militärischen Plänen spielten, widmete er sich persönlich - unterstützt von seinem Festungsbaumeister von Walrave dieser Materie. Beide zusammen griffen die Ansätze bastionärer Festungen auf und kombinierten sie mit den Verbesserungsvorschlägen Montalembert. Einige Beispiele:

(1) Tenaillen-Befestigung statt bastionärer Festungen:

Klassische bastionäre Festungen wie sie von Sébastien Vauban und seiner Schule favorisiert wurden, folgten einem strengen architektonischen Schema. Durchbricht man dieses, schwächt das die Formationen, die genau aufeinander abgestimmt waren. Es war also schwer, solche Festungen den Gegebenheiten vor Ort anzupassen.

Von Walrave ging hier einen Schritt weiter. Indem er Tenaillengrundrisse bevorzugte, konnte er die landschaftlichen Besonderheiten in seine Planung mit einbeziehen.

Bei einer Tenaillen-Befestigung handelt es sich um ein Festungswerk nur mit ein- und ausspringenden Winkeln. Man war überzeugt davon, dass sich sich leichter verteidigen lassen, und sie sind einem direkten Artilleriebeschuss gegenüber weniger anfällig. Die Besonderheit solcher Festungen ist deren Sternform - es fehlen also die für bastionäre Festungen so typischen Kurtinen, damit ist die Festungsmauer gemeint, die sich zwischen zwei Bastionen befindet und sich frontal zum Angreifer auftürmt.

Siehe: Tenaillen-Befestigungen

(2) Vorgelagerte Werke

Darüber hinaus sicherte man die Fläche vor der Festung mit einzelnen Außenwerken, bei denen man entweder polygonale Formen verwendete oder sie konsequent sternförmig errichtete. Diese vorgelagerten Werke ermöglichten eine tiefengestaffelte und somit effektivere Verteidigung. Wollte ein Angreifer zur Festung selbst vordringen, musste er erst die Außenwerke niederringen. Diese Außenwerke wurden häufig sogar als reine Erdwerke ausgeführt, was mehr Schutz vor feindlicher Artillerie bedeutete. Zur Erinnerung: Bastionäre Festungen ragen im Regelfall hoch auf und bieten bei Beschuss viel Angriffsfläche.

(3) Gedeckte Geschützbatterien

Unabhängig von den beiden zuerst genannten Punkten rüstete von Walrave die einzelnen Werke mit zahlreichen Kasematten aus, die den Soldaten mehr Schutz boten, und er führte auch erste gedeckte Batterien ein (ein Vorschlag von Montalembert), der hier in die Tat umgesetzt wurde. Auch dieses führte zu einer höheren Kampfkraft der Festung, weil Geschütze unter freiem Himmel leichter auszuschalten waren.

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Beispiele preußischer Festungen des 18. Jahrhunderts - errichtet nach altpreußischer Befestigungsmanier


Die Festung Neisse (Nysa) im Jahr 1807
Festung Neisse (Nysa, Polen)

Quelle: Geschichte der Kriegsschule in Neisse nebst einem Abriss der Geschichte der Festung Neisse. Autor: Ernst Siegfried Mittler und Sohn | Berlin 1910

Geschichtlicher Hintergrund: In den Jahren 1806/07 fand der sogenannte Vierte Koalitionskrieg statt. Er wird häufig auch als Napoleonischer Krieg oder Feldzug gegen Preußen bezeichnet. Es war eine Auseinandersetzung zwischen Frankreich und den mit ihm verbundenen deutschen Staaten (u.a. den Mitgliedern des Rheinbundes) sowie Preußen und Russland auf der anderen Seite. Die preußische Stadt Neisse wurde während dieses Krieges zwischen dem 23. Februar 1807 und dem 16. Juni des gleichen Jahres durch französische Truppen belagert. Sie konnte allerdings von den Preußen erfolgreich verteidigt werden. Unabhängig von dem Erfolg bei der Schlacht um die Stadt Neisse ging dieser Krieg für Preußen wenig rühmlich aus. Sie wurden geschlagen, verloren fast die Hälfte ihres Gebietes. Dagegen befand sich Napoleon auf dem Höhepunkt seiner Macht.

Die Festung Schweidnitz (Świdnica) im Jahr 1762
Festung Schweidnitz

Quelle: Plan der Belagerung der Festung Schweidnitz
(7. August - 9. Oktober 1762)

Geschichtlicher Hintergrund: Während des sogenannten Ersten Schlesischen Kriegs (1740-1742), den der junge König von Preußen Friedrich II. gegen Österreich um die Vorherrschaft in Schlesien führte (weil Preußen sein Einflussgebiet erweitern wollte), kam die Schweidnitz 1741 in preußische Hand.

Friedrich II. ließ die Stadt umgehend zu einer preußischen Festung ausbauen, die aus einem inneren Wallgürtel und dem äußeren Fortsystem bestand.

Trotzdem wurde die Stadt im anschließenden Siebenjährigen Krieg von Österreich mehrfach erobert. In dieser Zeit wechselte die Stadt mehrfach die Zugehörigkeit - mal gehörte sie zu Österreich, mal zu Preußen.

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