Einblick in ein Ouvrage der Maginot Linie

André Maginot


André Maginot
(1877-1932)

Er war französischer Politiker und diente ab 1917 als Minister verschiedener Ressorts - unter anderem als Kriegsminister. Er förderte den Aufbau einer Festungslinie entlang der Grenze zu Deutschland. Sie wurde 1935 offiziell Maginot-Linie genannt.

Aufbau eines Ouvrage der Maginot-Linie am Beispiel des Gros Ouvrage Michelsberg

Das Gros Ouvrage Michelsberg (A22) befindet sich neunzehn Kilometer südöstlich von Thionville zwischen den Ortschaften Dalstein und Ébersviller. Es ist eines der großen Artilleriewerke der Maginot-Linie, gehört zum Festungsabschnitt Boulay und konnte im Kampf vom benachbarten Gros Ouvrage Mont des Welsches sowie dem Petit Ouvrage Hobling unterstützt werden. Das Artilleriewerk gehörte zur ersten Generation moderner Ouvrages. Es verfügt über fünf Kampfblöcke, von denen drei mit Artilleriebewaffnung ausgestattet sind und zwei Kampfblöcke der Infanterie zur Verteidigung dienten. Ferner gibt es einen kombinierten Mannschafts- und Materialeingang, was für die Größe eines solchen Werkes ungewöhnlich ist. Michelsberg wurde zwischen 1930 - 1935 errichtet. Das Ouvrage war ausgelegt für 20 Offiziere und 495 Mannschaften. Die Besatzung gehörte zum 164. RIF (Festungs-Infanterie-Regiment) sowie dem 153. RAP (Artillerie-Regiment).

Die Bewaffnung des Gros Ouvrage Michelsberg: Ich berichtete bereits davon, dass Michelsberg mit einem kombinierten Mannschafts- und Materialeingang ausgestattet wurde, was für ein Festungswerk der Maginot-Linie dieser Größe doch recht ungewöhnlich ist. Darüber hinaus verfügt das Werk über sechs Kampfblöcke mit folgender Bewaffnung:

# Der Block I ist ein Infanterieblock mit einem Maschinengewehr-Turm, einer GFM-Kuppel und zwei Zwillings-Maschinengewehrkuppen.

# Block II: Als Infanterieblock war er mit einer Schafte für Zwillingsmaschinengewehre und einer 47-mm-Panzerabwehrkanone ausgestattet. Außerdem verbaute man eine zweite Zwillings-MG-Scharte (JM und zwei weitere GFM-Kuppeln.

# Block III war der erste Artillerieblock. Er verfügt über einen 81-mm-Gefechtsturm (natürlich dreh- und versenkbar) und zwei GFM-Kuppeln.

# Der Block IV wurde nicht errichtet – aus Kostengründen. Daher stimmt nachfolgend auch die Durchnummerierung nicht ganz.

# Ein weiterer 75-mm-Gefechtsturm plus gepanzerte Beobachter wurden im Block V installiert.

# Im Block VI installierte man ein mächtiges 135-mm-Geschütz (selbstredend installiert in einem dreh- und versenkbaren Panzerturm).

# Unmittelbar in der Nähe des Blocks VI befindet sich auch der Notausgang, was eine bauliche Besonderheit darstellt. Kein anderes Werk verfügt über einen Notausgang, der in der unmittelbaren Nähe zu einem Kampfblock angelegt wurde.

Typisch für ein Ouvrage der Maginot Linie:

Typisch und militärisch sehr sinnvoll ist, dass sich zentrale Bereiches eines Ouvrages der Maginot-Linie immer in der Nähe der Ausgänge befinden. Damit meine ich die Kaserne, wo die Soldaten nächtigten und sich auch der Küchentrakt befindet. Das schließt aber auch das Kraftwerk und das Munitionsdepot mit ein.

Im Gegensatz dazu finden sich bei einigen Festungswerken der Sanitätsbereich und die Kommandozentrale eher in der Mitte der Anlage. Man könnte auch sagen: ... näher an dem eigentlichen Ort des Geschehens, den Kampfbunkern. Das Leben der Soldaten in den Festungen war spartanisch. Einmal abgesehen davon, dass in den unterirdischen Anlagen ständige eine hohe Luftfeuchtigkeit bei gleichzeitig 12 bis 15 Grad Celsius herrschte, dröhnte den ganzen Tag die Lüftung bzw. hörte die Soldaten das Arbeiten der Maschinen im Kraftwerk. Eine für mich immer wieder überraschende Besonderheit aller Festungen ist, dass seinerzeit anscheinend wenig auf die Hygiene geachtet wurde.

Meist gab es nur kleine sanitäre Anlagen. Duschen waren Mangelware. Nicht selten standen mehreren hundert Soldaten nur eine Hand voll Duschen zur Verfügung. Geduscht wurde (wenn überhaupt) nur einmal pro Woche. Ach ja ... bevor ich es vergesse: Ein eigenes Bett gab es für die Mannschaften auch nicht. Nicht selten teilten sich drei Soldaten eine sehr schmale Pritsche. Zum Glück mussten Sie nicht mehr in Hängematten schlafen wie noch einige Jahre zuvor ihre Kollegen in den damaligen französischen oder deutschen Festungen, die ich ebenfalls besuchte. Doch ich bin mir da nicht so sicher: Ich glaube, dass ich eine eigene (wenn auch unbequeme) Hängematte gegenüber einem sehr schmalem Bett bevorzugen würde, wenn ich dieses mit zwei weiteren Soldaten teilen müsste. Außerdem gab es in den Schlafräumen der Soldaten stets große Enge. Nicht selten mussten sich dreißig Kammeraden einen kleinen Schlafraum teilen - er war aufgefüllt mit dreistöckigen Metallbetten. Nur die Offiziere hatten eigene Räumlichkeiten.

Da die Munition meist beim Materialeingang gelagert wurde, sich die Kampfblöcke in weiter Entfernung davon befanden, gab es in vielen (und auf jeden Fall in allen größeren) Festungen der Maginot-Linie eine Schmalspurbahn mit der Spurweite 60 cm. Im Regelfall ragten auch Eisenbahnschienen bis unmittelbar an das Werk heran, so dass die Munition oder andere Güter per Eisenbahnwagon direkt an die Festung herangebracht werden konnten, um von dort aus per Schmalspurbahn weiter in der Anlage verteilt zu werden. Wo es eine Eisenbahn gibt, gibt es natürlich auch (kleine) Bahnhöfe. Dies waren letztlich vergrößerte Bereich (oder Ausbuchtungen) der ansonsten meist engen Hohlgänge. Dort war Platz genug für ein Nebengleis und entsprechende Weichen, um die Züge umzuleiten. In der Nähe viele Bahnhöfe gab es kleine Werkstätten. Meist nur ein Raum, der vollgepackt war mit Werkzeugen aller Art, Drehbänken und alles, was man so als anständiger Schlosser benötigte.

Natürlich mussten alle Bereiche der Festung mit Elektrizität versorgt werden. Das war die zentrale Energiequelle der Anlage (wenn man einmal von Muskelkraft der Soldaten absieht). Es gab also unendlich viele Kabelstränge, die von A nach B führten. Sie wurden in den Hohlgängen an den Wänden in fächerförmigen Vorrichtungen verbracht, so dass sie nicht beschädigt werden konnten.

Während sich die bisher beschriebenen Einrichtungen rund dreißig Meter unter der Erde befanden, waren die Kampfblöcke natürlich oberirdisch. Also führte je Kampfblock ein schmaler Treppenaufgang (für die Soldaten) nach oben. Die schwere Munition hingegen wurde über Seilzüge vom Bahnhof (in der Nähe eines Kampfblocks) bis zu einem Aufzug (direkt am Kampfblock) verbracht. Dieser beförderte sie dann nach oben zu den Geschützen oder Maschinengewehren des Blocks.

Ich hoffe, dass ich Dir einen kurzen Einblick in den Aufbau eines Ouvrages der Maginot-Linie und das eher karge Leben der Soldaten rund dreißig Meter unter der Erde geben konnte. Abschließend noch ein paar zusätzliche Impressionen aus dem Ouvrage Michelsberg.



Impressionen: Gros Ouvrage Michelsberg

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Ouvrage Michelsberg: Der zentrale Versorgungsgang diente einerseits den Soldaten, um zu den Kampfbunkern zu gelangen. Er wurde auch für den Munitionstransport genutzt. Dazu stand eine Elektroeisenbahn zur Verfügung. Und er wurde von den Soldaten als Versorgungstrakt im wahrsten Sinne des Wortes genutzt - nämlich um sich zu verpflegen.

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Das Kraftwerk des Ouvrages mit den Dieselmotoren. Von hier aus wurde das Werk mit Strom versorgt.

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Die Küche von Michelsberg. Sie befindet sich in einem kleinen Nebentrakt. Das Essen wurde den Soldaten durch eine kleine Durchreiche gegeben. Sie befindet sich am Kopf des Raumes und verbindet die Küche mit dem zentralen Versorgungsgang des Werkes.

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Tief im Werk, nahe der Kampfblöcke gibt es einen kleinen Rangierbahnhof, damit sich die Züge mit Munition und Material nicht behinderten.

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Ein weiteres Bild von der zentralen Galerie des Ouvrages. Auf dem Bild kann man auch die Kabel erkennen, die quer durch die Werke führten. Heute sind diese Kabel bei Metalldieben sehr begeht.

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Natürlich musste eine Festung dieser Größe über eine Werkstatt mit entsprechenden Gerätschaften verfügen. Sie positionierte man nahe des unterirdischen Bahnhofs für die elektrifizierte Schmalpurbahn.

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Typisch für ein Ouvrage der Maginot-Linie: Hier wird die Abzweigung zu einem der Kampfblöcke gezeigt. Natürlich führte auch dorthin die Schmalspurbahn des Werkes, um diesen mit Munition zu versorgen.

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Unterhalb eines Kampfblocks befinden sich die Munitionslager. Man sieht sie auf der linken Seites des Bilder. Die Schmalspurbahn führte bis zum Lager, so dass Material und Munition schnell vom zentralen Lager zu den Kampfblöcken gebracht werden konnte. Von hier aus transportierte man die Munition mittels eines Aufzugs zum eigentlichen (oberirdischen) Kampfblock.

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Der kleine Bahnhof des GO Michelsberg. Er befindet sich nahe des Mannschafts- und Materialeingangs. Von hier aus konnte man mittels der Schmalspurbahn u.a. die Munition zu den Kampfblöcken bringen.

Maginot-Linie - Ouvrage Michelsberg

Ein Waschraum nahe der Kaserne. Durch die hintere Tür gelangt man zu den Unterkünften der Soldaten. Ganz in der Nähe befindet sich auch die Küche. Gegessen wurde allerdings auf schmalen Bänden entlang der langen Gänge im Gros Ouvrage.

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