Preußische Festungen in Deutschland zwischen 1815 und 1871
Geografischer Fokus:
Anfang des Jahrhunderts galt es, in Europa wieder politische Stabilität herzustellen. Sollte Frankreich abermals einen Expansionsdrang verspüren, wollte man gewappnet sein.
Daher entstand im heutigen Belgien die sog. Wallington-Barriere. Preußen hatte die Aufgabe, mit neuen Festungen rund um Köln und Koblenz das Rheinland zu sichern und der Deutsche Bund errichtete weiter südlich die Festungen Mainz, Landau oder Ulm.
Der deutsche Festungsbau konzentrierte sich in dieser Zeit auf die Sicherung seiner westlichen Grenze gen Frankreich.
Die östliche Grenze zu Russland oder Österreich konnte vernachlässigt werden, weil bis in die 1860er-Jahre hinein die drei Staaten eine "Heilige Allianz" ebenfalls zum Schutz von Europa vor einem potenziell aggressiven Frankreich bildeten.
Das war die Zeit des ersten großen Umbruchs im deutschen Festungsbaus. Fortan setzten deutsche Ingenieure auf modernere Polygonal-Befestigungen.
Das Festung Ehrenbreitstein gilt heute als eine der ersten Festung dieser Art auf deutschem Boden. Ferner begann man mehrere Forts ringförmig um den zu schützenden Ort herum zu errichten. Ihr Abstand zur Stadt bzw. ihr Abstand untereinander bemaß sich an der (damaligen) Reichweite der Artillerie.
Diese Forts konnten autonom agieren, sie beherbergten sowohl die Artillerie als auch die Infanterie und konnten sich mit ihrer Festungsartillerie gegenseitig decken. Der Grundriss viele Festungen dieser Zeit erinnerte aber noch immer Stark an die Form einer (vorgeschobenen) Bastion, was Baupläne der Festungen des inneren Festungsrings rund um Köln zeigen.
Festungsbauprojekte:
Festung Köln - ab 1816
Bau des inneren Festungsrings, linke Rheinseite, neupreußische ManierFestung Köln - ab 1841
Bau des inneren Festungsrings, rechte Rheinseite, neupreußische ManierFestung Koblenz - ab 1817
Ausbau der Stadt zu einer preußischen Festungsstadt und Bau der Feste Ehrenbreitstein (1817 - 1828), neupreußische ManierFestung Königsberg - ab 1841
Bau des inneren FestungsringsFestung Boyen - 1847-1855
Ausbau der Stadt zu einer
preußischen FestungFestung Küstrin - ab 1850
Ausbau der Stadt zu einer
preußischen Festung
Warum gibt es heute so wenige preußische Festungen aus dem 19. Jahrhundert in Deutschland?
Deutschland gilt als Land mit einer Vielzahl mittelalterlicher Burgen, die in den letzten Jahrzehnten saniert wurden und mit man besuchen kann, um in diese längst vergangene Zeit einzutauchen.
Es stellt sich aber die Frage, warum es - einmal abgesehen von wenigen Ausnahmen - in Deutschland relativ wenige Festungen gibt, die im Verlauf des 19. Jahrhunderts entweder von Preußen oder nach der Reichsgründung 1871 vom deutschen Kaiserreich errichtet wurden. Letztlich sehe ich dafür zwei Gründe:
Das heutige Norddeutschland war im 19. Jahrhundert Teil Preußens, wenngleich Preußen deutlich größer war von um Rhein im Westen bis ins heutige Russland im Osten reichte – inkl. Teile des heutigen Polens. Preußen wiederum stand in einer Rivalität mit Frankreich, Russland und Österreich. Also errichtete man im Verlauf des 19. Jahrhundert etliche Festungen entlang seiner Grenze – rund um Köln und Koblenz, aber insbesondere auch im heutigen Polen (Toruń, Poznań oder Küstrin). Es gibt auch Festungen in Russland (Königsberg / Kalingrad).
Süddeutschland wiederum wurde zwischen 1815 und 1865 eher geprägt vom Deutschen Bund – jedenfalls wenn man es grob formulieren möchte. Das war ein Staatenbund souveräner Fürsten und freier Städte Deutschlands mit starkem Einfluss des Kaisers von Österreich und dem König von Preußen. Mit Blick auf den Festungsbau im 19. Jahrhundert ist entscheidend, dass dieser ebenfalls seine Grenzen sicherte, indem er ausgewählte Städte nahe der Grenze zum Rivalen Frankreich militärisch ausbaute. Es entstanden die sogenannten „Bundesfestungen“: Luxemburg, Mainz und Landau. Später dann auch Ulm und Rastatt.
Nach einigen Wirrungen und damit verbundenen Kriegen nach Ende des Deutschen Bundes 1866 wurde zum Ende des Deutsch-französischen Krieges 1870/71 das Deutsche Kaiserreich unter der Führung Preußens (also Wilhelm I.) ausgerufen.
Anfangs investierte das Kaiserreich sowohl in seine Festungsanlagen nahe der russischen und französischen Grenze. Allerdings verschob sich schnell der Fokus in Richtung der neuen deutsch-französischen Grenze. Man baute (fast nur noch) neue Festungen im damaligen Reichsland Elsass-Lothringen – zweier französischen Regionen, die Ende des 70er-Krieges annektiert wurden.
Dann folgten die Schrecken des Ersten Weltkriegs. Deutschland verlor ihn und musste sich dem Versailler-Vertrag fügen.
Dieser sah unter anderem vor, dass Deutschland viele der im Jahrhundert zuvor errichteten Festungen schleifen musste (… heißt: abreißen). Koblenz ist dafür ein eindrucksvolles Beispiel.
Es folge der Zweite Weltkrieg, den Deutschland abermals verlor. Es formte sich das heutige Deutschland wie wir es kennen. Den Umstand, dass zwischen bis 1990 zwei deutsche Staaten existierten, blende ich hier einmal aus. Festungen, die nicht den Vorgaben des Versailler Vertrages zum Opfer fielen, wurden entweder gegen Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört oder befinden sich heute in Frankreich (Elsass-Lothringen), in Polen oder Russland.
In Deutschland sind unter anderem Bundesfestungen (Landau, Ulm, Rastatt), einige Festungen des einstigen Festungsrings rund um Köln oder Koblenz erhalten geblieben. Mehr leider nicht …