Die neue Stadtmauer von Straßburg

Erster Weltkrieg - Zweisprachigkeit der Bevölkerung im Reichsland Elsass-Lothringen - 1914

Historische Karte vom Reichsland Elsass-Lothringen.

Gleich zu Beginn des Deutsch-französischen Kriegs 1870/71 kam es zur Belagerung der französischen Stadt Straßburg. Dabei kam schwere Belagerungsartillerie zum Einsatz – es handelte sich um schwere Mörser, moderne Hinterladergeschütze mit gezogenem Lauf. Sie demontierte alte Stadtbefestigung, die zu großen Teilen auf Sébastien Vauban zurückging, in atemberaubender Geschwindigkeit. Alles in allem dauerte die Belagerung von Straßburg etwas mehr als einen Monat und sie endete mit der Kapitulation der Stadt am 28. September 1870.

Der Deutsch-französische Krieg selbst dauerte noch bis in das Jahr 1871 hinein. Das Deutsche Kaiserreich, welches im Verlauf des Krieges (nämlich am 18. Januar 1871) in Versailles mit der Kaiserproklamation gegründet wurde, ging als Sieger dieser Auseinandersetzung hervor. Eine der wichtigen Kriegsfolgen, war die Annexion der französischen Regionen Elsass und Lothringen bzw. die nachfolgende Gründung des Reichsland Elsass-Lothringen.

Zur Sicherung der annektierten Gebiete begann das Kaiserreich nach Kriegsende unmittelbar, diese militärisch zu sichern. Metz und Straßburg standen dabei besonders im Fokus.

Straßburg wollte man zu einer modernen Festungsstadt ausbauen – einer Gürtelfestung. Der Ort sollte umgeben werden von einem Ring vorgelagerter Forts. Die Stadt selbst sollte durch einen neuen Verteidigungswall (einer modernen Stadtmauer) geschützt werden.

Der neue Verteidigungswall rund um die Stadt Straßburg

Der neue Verteidigungswall zum Schutz der Kernstadt sollte eine Länge von rund 11 Kilometern haben. Er bestand aus Kurtinen und Bastionen, die man in regelmäßigen Abständen vorsah. Davor war ein Wassergraben vorgesehen, der für militärische und private Zwecke genutzt werden konnte. Und davor entstand eine weitläufige Glacis. Damit ist eine leicht ansteigende Erdanschüttung gemeint, die nicht bewachsen war, um Angreifenden keine Deckung bzw. den Verteidigern freies Schussfeld zu bieten. Der Wall selbst verfügte über mehrere sogenannte Kriegstore, durch die alle Ein- und Ausfahrenden mussten.

Das gigantische Bauprojekt wurde zwischen 1875 und 1884 realisiert.

Quelle: Ecole d'application de l'artillerie et du génie. Cours de fortification. 3e partie. Organisation d'ensemble de la fortification actuelle. 2ème section. Des forteresses. 8 leçons / 1886

Gepanzerte Kaponnieren als Besonderheit des Befestigungswalls der Stadt Straßburg

Wie bereits erwähnt bestand der neue Befestigungswall rings um die Stadt aus einer Abwechslung von Kurtinen und Bastionen. Als Kurtine (auch Mittelwall) bezeichnet man seit dem 16. Jahrhundert im Festungsbau den Wall zwischen zwei Bastionen. Letzteres wiederum ist eine aus dem Festungswall vorspringende Anlage mit der Aufgabe, den Raum unmittelbar vor dem Wall seitlich bestreichen (also beschießen) zu können. Bastionen haben bei neuzeitlichen Festungen die gleiche Funktion wie früher Türme.

Just diese Bastionen des Verteidigungswalls rund um Straßburg bergen eine Besonderheit. Dort befinden sich nämlich gepanzerte Kaponnieren. Das sind gedeckte, massiv errichtete Räume, aus denen die Verteidiger mit Gewehren und Geschützen auf Angreifer einwirken können. Diese Kaponnieren bestehen aus gewalztem Eisen und wurden eigens bei der englischen Firma Charles Cammel in Sheffield in Auftrag gegeben bzw. 1878-79 vor Ort installiert. Sie sind durch unterirdische Hohlgänge mit dem dahinerliegenden Wall verbunden. Alles in allem gab es fünf solcher gepanzerten Kaponnieren, von denen heute allerdings nur noch drei erhalten sind.

Um den gegenseitigen Schutz der einzelnen Kaponnieren zu gewährleisten, wurden sie jeweils an der Spitze der Bastion angebracht. Ihr Feuer kreuzte sich dann auf der Höhe des Wassergrabens. Die gepanzerten Kaponnieren ruhten jeweils auf einem betonierten Socken. Sie beherbergten jeweils vier Artilleriegeschütze, die durch Scharten in den Flanken schießen konnten. Dabei kamen 80-mm-Geschütze mit kurzem Lauf zum Einsatz. Später wurden sie durch die modernere Feldkanone C/67 ersetzt. Eine von ihnen befindet sich etwa 100 Meter südlich der Brücke des Kriegstors, eine weitere befindet sich weiter südlich, nicht unweit von Koenighoffen entfernt.

Positionen zweier der gepanzerten Kaponnieren: 48°34'42.88"N 7°43'35.35"E bzw. 48°35'11.87"N 7°43'44.53"E

Quelle: Fortification cuirassée et les forteresses au début du XXe siècle : 1906-1907, liste des planches de la 1re partie, 1906

Die Fortschritte der Artillerie erlaubten es jedoch nicht mehr, die gepanzerten Kaponnieren zu verwenden, weil sie dem deutlich wirksameren Artilleriefeuer sehr ausgesetzt gewesen wären und somit für die unmittelbare Verteidigung der Stadt (wie im Übrigen auch der gesamte Verteidigungswall) nutzlos geworden waren.

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