Panzerfesstungen: Baupläne im Vergleich
In den 1880er-Jahren wurden sog. Brisanzgranaten entwickelt - torpedo-ähnliche Geschosse, die mit Explosivmaterial statt Schwarzpulver gefüllt wurden. Ihre Sprengkraft übertraf die herkömmlicher Geschosse um ein Vielfaches. Gleichzeitig entwickelte die Fried. Kupp Kanonen mit Rohren aus gezogenem Stahl, mit denen größere Kaliber möglich waren. All das führte dazu, dass Festungen - selbst die, die just erbaut wurden - auf einen Schlag als veraltet galten. Sie hätten einem solchen Beschuss nicht widerstehen können.
Als Panzerfestungen - im deutschen Kaiserreich nannte man sie "Feste" - bezeichneten man einen neuen Festungstyp, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde.
Impuls dafür war die immer stärker gewordene Artillerie und die enorme Zerstörungskraft neuer Sprenggranaten, die in den 1880er-Jahren entwickelt wurden. Beides machte es notwendig, die Festungsartillerie, die den Fernkampf zu führen hatte und die Hauptbewaffnung der Festungswerke darstellte, besonders zu schützen. Man entwickelte neue Panzertürme aus Stahl. Darüber hinaus wurden bauliche Veränderungen vorgenommen, indem man das Profil neuer Festungen versuchte so niedrig wie möglich zu halten. Armierter Beton wurde als Baumaterial zum Standard und man setzte (seinerzeit) moderne Kommunikationstechnik ein.
Deutsche Panzerfestungen unterschieden sich deutlich von denen anderer Länder. Während bspw. Sie waren viel weitläufiger und bedurften nicht selten einer Fläche mehrerer Hektar, weil auf dem Gelände mehrere Infanterie- und Artilleriewerke verteilt waren, die mittels unterirdischer Hohlgänge miteinander verbunden waren. Es waren Artilleriefestungen, die auf den Fernkampf ausgerichtet waren. Eindrucksvolle Beispiele deutscher Panzerfestungen findet man heute rund um Metz oder Thionville. Ausgewählte Beispiele deutscher Panzerfestungen:
Frankreich: Panzerfestung der Barrière de Fer
Quelle: gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France
Während das Deutsche Kaiserreich im annektierten Elsass-Lothringen etliche neue Festungen errichteten, bauten die Franzosen die Barrière de Fer - einer Festungslinie entlang der damaligen deutsch-französischen Grenze. Französische Panzerfestungen, die Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurden, gleichen im Grundriss stark früheren Festungen (vor der Brisanzgranatenkrise). Sie es sind ebenfalls recht kompakt errichtete Werke umgeben von einem tiefen Graben und ausgestattet mit einer Festungsartillerie, die man mittels dreh- und versenkbarer Panzertürme schützte. Letzteres ist ein weiterer Unterschied zu deutschen Festungen. Deren Panzertürme waren nicht versenkbar. Beispiele eindrucksvoller Panzerfestungen, die obendrein im Verlauf des Ersten Weltkriegs eine traurige Rolle spielten:
Österreich-Ungarn: Panzerfestung in Italien
Quelle der Ursprungszeichnung: Reichsbefestigungen Österreich-Ungarns zur Zeit Conrad von Hötzendorf - Wien - 1937
Österreich-Ungarn begann erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dem Bau erster Panzerfestungen, um so seinen Machtanspruch in Südtirol zu dokumentieren bzw. diesen im Fall eines Krieges verteidigen zu können. Sie sind deutlich kompakter als deutsche Festungen und haben ein höheres Profil. Letzteres ergab sich aufgrund des Umstands, dass sie im Gebirge und auf felsigem Untergrund errichtet wurden. Im Verlauf des Alpenkrieges ab 1915 wurde schwer um sie gerungen. Viele der Kuk-Panzerfestungen wurden dabei zerstört. Man richtete sie jedoch wieder her, so dass man sie heute besuchen kann. Ausgewählte Beispiele österreich-ungarischer Panzerfestungen:
Ähnlich wie Österreich-Ungarn begannen die Italiener auch erst spät mit dem Bau moderner Panzerfestungen. Sie waren die Widersacher der österreichischen Festungen und schlängelten sich entlang der damaligen Grenze - allerdings in Venetien, welches seinerzeit der nördlichste Landesteil Italiens war. Die Italiener hatten die gleichen Probleme wie die Kuk-Ingenieure. Die Festungen mussten auf felsigem Untergrund errichtet werden, das ihnen ein recht hohes Profil verlief, weil man die Betonbauten nicht in die Erde eingraben konnte. Als Baumaterial verwendete man auch hier Beton - verzichtete allerdings häufig darauf, diesen mit Eisen oder Stahl zu armieren. Das rächte sich bereits im Verlauf der ersten Kriegsmonate als die Österreicher die italienischen Festungen unter Feuer nahmen.
Henri Alexis Brialmont war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert der führende Festungsbauingenieur in Belgien. Er errichtete die Gürtelfestungen, die die Städte Antwerpen, Lüttich und Namur schützen sollten. Sie wurden ab den 188er-Jahren errichtet und seither kaum modernisiert, obwohl sich die Artillerie stetig weiterentwickelte. Sie galten als unüberwindbar. Doch die Belgier mussten gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs feststellen, das dem nicht so ist. Die Deutschen beschossen die Festungen mit schwerer Artillerie. Schnell stellten sich die Schwachstellen heraus. Sie wurden beispielsweise häufig nur aus Beton errichtet, den man nicht mit Eisen oder Stahl armierte, um den Bauten eine höhere Festigkeit zu geben. Das rächte sich. Die Deutschen schossen einige Forts innerhalb weniger Tage regelrecht zusammen.
Zum Schutz der belgischen Metropole Antwerpen wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts weit vor den Toren der Stadt zahlreiche Panzerfestungen errichtet. Man unterschied dabei Werke erster und zweiter Ordnung (letzteres ist hier dargestellt). Diese Festungen verfügten scheinbar über alle Merkmale einer modernen Panzerfestung. Sie hatten nur einen riesigen Schwachpunkt: Der Beton wurde nicht bewehrt, was sich während des Ersten Weltkriegs als riesiger Nachteil herausstellte.