Merkmale einer deutschen Panzerfestung

Einleitung: Wettlauf zwischen Artillerie und Festungsbau im 19. Jahrhundert

In den 1880er-Jahren wurden sog. Brisanzgranaten entwickelt - torpedo-ähnliche Geschosse, die mit Explosivmaterial statt Schwarzpulver gefüllt wurden. Ihre Sprengkraft übertraf die herkömmlicher Geschosse um ein Vielfaches. Gleichzeitig entwickelte die Fried. Kupp Kanonen mit Rohren aus gezogenem Stahl, mit denen größere Kaliber möglich waren. All das führte dazu, dass Festungen - selbst die, die just erbaut wurden - auf einen Schlag als veraltet galten. Sie hätten einem solchen Beschuss nicht widerstehen können.

Als Panzerfestungen - im deutschen Kaiserreich nannte man sie "Feste" - bezeichneten man einen neuen Festungstyp, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde. Impuls dafür war die immer stärker gewordene Artillerie und die enorme Zerstörungskraft neuer Sprenggranaten, die in den 1880er-Jahren entwickelt wurden. Beides machte es notwendig, die Festungsartillerie, die den Fernkampf zu führen hatte und die Hauptbewaffnung der Festungswerke darstellte, besonders zu schützen. Man entwickelte neue Panzertürme aus Stahl. Darüber hinaus wurden bauliche Veränderungen vorgenommen, indem man das Profil neuer Festungen versuchte so niedrig wie möglich zu halten. Armierter Beton wurde als Baumaterial zum Standard und man setzte (seinerzeit) moderne Kommunikationstechnik ein.

Moderne Panzerfestungen - sechs wesentliche Merkmale:

Ich bin kein Militärhistoriker, sondern nur ein interessierte Laie. Dennoch würde ich sagen, dass die Panzerfestungen des deutschen Kaiserreichs eine Weiterentwicklung bisheriger Strömungen im Festungsbau sind - nur konsequenter umgesetzt oder anders miteinander kombiniert. Bereits Montalembert schlug gegen Ende des 18. Jahrhunderts sogenannte detachierte Forts vor, damit sich der Angriff auf ein strategisch wichtiges Ziel nicht auf einem Punkt konzentriert, sondern verteilt, dadurch abgeschwächt wird und somit "besser zu verkraften" sein. Aus meiner Perspektive wurde die Idee bei der Feste aufgegriffen. Ferner: Der Umstand, dass Festungen nicht mehr "in die Höhe wuchsen", um der angreifenden Artillerie möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, wurde hier sehr konsequent umgesetzt - die Festungen wurden nämlich in die Erde gegraben. Wie gesagt: Das ist meine Ansicht und muss nicht von Fachleuten geteilt werden.

  • Panzerfestungen haben eine "aufgelöste Bauweise"

  • Panzerfestungen sind moderne Artilleriefestungen

  • Panzertürme zum Schutz der Festungsartillerie

  • Unterirdische Bauten zum besseren Schutz vor Artillerieangriffen

  • Verwendung von Stahlbeton zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit

  • Einsatz moderner Technik

Merkmale deutscher Panzerfestungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts


(1) Panzerfestungen haben eine "aufgelöste Bauweise"

Bis in die 1880er-Jahre hinein hatten Festungen eine kompakte und aufragende Bauweise. Die einzelnen Teile der Festung wurden ineinander übergehend errichtet. Die Festung selbst umgab man mit einem tiefen Graben. Für die Festungsartillerie nutzte man erhöhte Feuerstellungen innerhalb des Werks. Das Biehler'sche Standardfort ist ein gutes Beispiel. Rund um Köln sind einige von ihnen zu besichtigen.

Angesichts moderner Sprenggranaten gab es drei Probleme, die solche Forts mit sich brachten: (1) Sie hatten ein relativ hoch aufragendes Profil und waren von feindlicher Artillerie leicht anzuvisieren. (2) Solche Forts wurden aus Ziegelsteinen gemauert - das Baumaterial war wenige widerstandsfähig. Und (3) konnte ein Treffer auf einen Schlag mehrere Teile der Festung außer Gefecht setzen. Ganz zu schweigen von den unter freiem Himmel stehenden Geschützen.

Im Gegensatz dazu trennte man bei modernen Panzerfestungen die einzelnen Funktionsbereiche voneinander. Es gab Artillerie- und Infanteriekasematten, die man unter Ausnutzung der örtlichen Gegebenheiten so im Gelände platzierte, dass es einerseits ausreichend Abstand zwischen den Kasematten gab (ein Treffer konnte also nur ein Werk zerstören und nicht auf einen Schlag mehrere Funktionsbereiche). Andererseits grub man die Werke tief in die Erde ein, so dass Angreifende sie kaum erkennen konnten. Heißt: Das Profil der Festung verringerte sich massig. Eigentlich sah man aus der Ferne von Ihnen nur (wenn überhaupt) die Panzerkuppeln. Dies hatte zur Folge, dass die Fläche, die Panzerfortifikationen benötigten, viel größer war als bisherige Forts.

  • Lageplan der Feste Friedrich Karl bei Metz
  • Lageplan der Feste Kaiser Wilhelm II bei Straßburg
  • Lageplan der Feste Kaiserin bei Metz
  • Lageplan der Feste Kronprinz bei Metz

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(2) Panzerfestungen sind moderne Artilleriefestungen

Dies ist meiner Ansicht nach der zentralste Punkte aller Neuerungen: Die neuen Festungen wurden nicht ohne Grund als "Panzerfestung" bezeichnet - es waren Artilleriefestungen. Die modernen Festungen gegen Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts waren mit reichlich Artillerie ausgestattet - allesamt geschützt durch eine wahrlich wuchtige Panzerung, so dass die Panzertürme schnell etliche Tonnen wiegten.

Sie war ihre Hauptbewaffnung und sie hatten die Aufgabe, die Bewegungen des Feindes bereits in großer Distanz zu hindern. Die Reichweite ihrer modernen Geschütze betrug nicht selten etliche Kilometer. Anders als in den Jahrhunderten zuvor war gar nicht gewünscht, dass die feindlichen Truppen an die Festung heranrücken. Dementsprechend hatte die Infanterie der modernen Panzerfestungen "lediglich" eine Schutzfunktion. Sie wurde aktiv, wenn der Feind doch einmal durchbrechen sollte und zur Festung gelangt.

(3) Panzertürme zum Schutz der Festungsartillerie

Zweite wesentliche Neuerung moderner Panzerfestungen war der Schutz der Festungsartillerie. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts erlebte die Artillerie mehrere Entwicklungsschübe. Das steigerte natürlich auch ihren Stellenwert auf den Schlachtfeldern bzw. beim Festungskrieg. Moderne Panzerfestungen sollten in Kern Artilleriefestungen sein. Also hatte der Schutz der Festungsartillerie einen besonderen Stellenwert. Bis in die 1880er-Jahre hinein positionierte man sie in offenen Feuerstellungen. Sie war also sehr gefährdet.

Findige Ingenieure arbeiteten schon längere Zeit daran, die Geschütze mittels Panzerung zu sichern. In Frankreich baute man anfangs eigens Kasematten dafür - erkannte aber schnell, dass das das Schussfeld stark verengt. Die Lösung fand man bei der Marine, wo bereits erste Panzertürme aus Stahl zum Einsatz kamen.

In Deutschland arbeiteten die Maximilien Schumann und Hermann Gruson an deren Weiterentwicklung. Sie kooperierten mit Friedrich Alfred Krupp, der in dieser Zeit begann, neue Geschütze mit Rohren aus gezogenem Stahl zu produzieren. Später übernahm Kupp die Gruson-Werke und wurde so zum wichtigsten Rüstungsgüterproduzenten des Kaiserreichs.

  • Frankreich - Deutsche Festungen rund um Metz - Panzerbatterie - Feste Lothringen
  • Feste Kronprinz - deutsche Panzerfestung bei Metz
  • 15-cm-Haubitzen mit Panzerturm der Feste Wagner

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(4) Unterirdische Bauten zum besseren Schutz vor Artillerieangriffen

Der beste Schutz der einzelnen Werke einer Panzerfestung war, wenn der Feind sie gar nicht sah. Wie bereits erwähnt reduzierte man daher das Profil der einzelnen Bauten derart, dass sie kaum auszumachen waren. Obendrein wurden sie von einer dicken Schicht Stahlbeton und (wo möglich) mit einer weiteren Erdschicht bedeckt. Beides mindert die Wucht eines Treffern. Die einzelnen Werke wiederum wurden durch unterirdische Hohlgänge verbunden, so dass man sie gefahrlos erreichen konnte. Und die Zentralkaserne einer solchen Festungsanlage beherbergte auch alle notwendigen Versorgungseinrichtung, damit man im Fall eines Feuergefechts autonom agieren konnte und nicht von Dritten versorgt werden musste. Es gab also eine Energiezentrale (Dieselmotoren, die elektrischen Strohm produzierten, eine Großküche, Sanitätsräume und viele mehr.

  • Festung Metz - Feste Luitpold - Groupe fortifié l'Yser - Metz - Frankreich
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(5) Verwendung von Stahlbeton zur Erhöhrung der Widerstandsfähigkeit

Festungen, deren Mauern auch Ziegel- oder Bruchsteinen gemauert waren, hatten keine Chance gegen die Zerstörungsgewalt der neu entwickelten Brisanzgranaten. Selbst Festungen bei denen man Beton verwendete, ohne diesen mit Stahl zu verstärken, hatten Probleme. Das stellten italienische Festungsbauer während des Alpenkriegs 1915-1918 schmerzhaft fest.


(6) Einsatz moderner Technik

Bei modernen Festungen, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurden, verteilten sich die einzelnen Infanterie- und Artilleriekasematten im Gelände. Allein dieser Umstand machte eine moderne Kommunikationstechnik notwendig, um den Kontakt zwischen den einzelnen Kasematten zu halten und im Fall der Fälle den Feuerkampf zu leiten.

Diese Festungen verfügten dementsprechend über moderne Telefonanlagen, die alles mit allem verbunden. Obendrein mussten diese Festungen über einen längeren Zeitraum autonom kämpfen können – in dieser Zeit war eine Versorgung von außen schlicht nicht möglich. Also installierte man in Ihnen Küchen, Bäckereien, medizinische Versorgung (die auch Operationen zuließen) und viele Dinge mehr. Ein eigenes Kraftwerk, um den notwendigen elektrischen Strom zu erzeugen, ist dabei selbstredend. In dem Zusammenhang empfehle ich dir das gut erhaltene Kraftwerk der Feste von der Goltz. Es liegt tief unter der Erde (entsprechende Vorsicht ist also dringend geboten) und im Herzen der Festungsanlage.

Festung Metz: Feste Freiherr von der Goltz - Groupe fortifié de la Marne - Metz - Frankreich

Energiezentrale der Feste von der Golz

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