Deutsche Panzertürme - verschiedene Modelle

Geschichtlicher Hintergrund
Sprenggranaten führen zu einer Krise im Festungsbau
Erster Weltkrieg - Westfront - deutsche Soldaten präsentieren Artilleriegranaten | Quelle: Historische Postkarte

Quelle: Historische Postkarte

184o - Martin von Wahrendorff entwickelte ein Hinterladersystem mit (noch) glattem Lauf. Sechs Jahre später gelang ihm auch die Produktion von Hinterladern mit gezogenem Lauf. Heißt: Die Geschosse wurden während des Abschusses durch feine Rillen im Geschützrohr in Drehung versetzt. Man konnte nun sog. Langeschosse verwendet werden; sie ersetzten die einfachen Kugelgeschosse aus Metall. Alles zusammen – also Geschütze mit Hinterladersystem (statt Vorderlader), der gezogene Lauf (statt glattem Lauf) und der Einsatz von Langgeschossen (statt Kanonenkugeln) revolutionierten die Artillerietechnik. Sie gab der Waffengattung eine höhere Wirkung – was nichts anderes bedeutet, als dass man noch effektiver töten konnte (um es auf den Punkt zu bringen).

Einige Jahren nach der Warendorff'schen Erfindungen gab es einen weiteren Sprung der Waffentechnik. Man war in der Lage, die Langgeschosse nicht mehr mit dem üblichen Schwarzpulver zu füllen, sondern mit explosiverem Material [siehe: Brisanzgranatenkrise]. Die Wirkung dieser Exklosivgranaten konnte fatal sein. Herkömmliche Festungen konnten in kurzer Zeit in Schutt und Asche gelegt werden.

Die Festungsartillerie "geht unter Stahl"

Angesichts dieser neuen Bedrohung entbrannten heftige Diskussionen darüber, wie man Festungen und hier insbesondere die Festungsartillerie schützen sollte. Immerhin avancierte die Festungsartillerie zunehmend zur Hauptbewaffnung moderner Festungen. Die Konzepte kamen letztlich aus dem Schiffsbau, weil man dort mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte.

Die Idee war eigentlich recht einfach - möglich wurde sie allerdings erst durch die "Segnungen der industriellen Revolution" und der zunehmenden Fähigkeit, Stahl zu verarbeiten und zu formen. Anfangs wollte man die Geschütze mittels Stahlplatten abschirmen, später ging man dazu über, ihnen einen glockenähnlichen Schirm aus Hartguss bzw. Gussstahl zu verpassen.

Treibend für diese Entwicklung waren wenige Ingenieure in Deutschland und Frankreich. Ergebnis ihrer Bemühungen waren letztlich Panzerkuppeln bzw. gepanzerte Geschütztürme, die bis zu 400 Tonnen wiegen konnten. Sie prägten fortan auch den Sprachgebrauch: Plötzlich sprach man nicht mehr von "gewöhnlichen Festungen", sondern von Panzerfortifikationen oder Panzerfestungen.

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Was genau ist ein Panzerturm?

"Panzerturm - gepanzerter Geschützstand für ein oder zwei Geschütze ...Der oben geschlossene Panzerturm dreht sich mit dem Geschütz, um diesem das Feuern nach allen Richtungen zu gestatten, entweder um eine wirkliche senkrechte Achse, wie die Panzerlaffete, oder um eine ideelle Achse auf einer Rollbahn mit Laufrollen oder Laufkugeln, die unter der senkrechten Wand am Panzerturms befestigt sind, Panzerdrehturm. ... Der Oberbau des Turmes erhielt durch Gruson bei seinen Hartgusstürmen die Kuppelform, die heute auch bei Panzerlaffeten und Panzertürmen der Küsten- und Binnenlandsbefestigungen gebräuchlich ist. Die gewölbte, in Hartguss hergestellte Panzerdecke der Panzertürme legt sich auf einen Vorpanzerring auf ....
Die Scharten, die sich in der gewölbten Decke befinden, bilden die unvermeidliche Schwäche des Turmes, der an dieser Stelle durch das feindliche Feuer am leichtesten verletzbar, sonst aber infolge der sphärischen Kuppelform (ein deutsches Konstruktionsprinzip, das seinerzeit in Konkurrenz mit andern, speziell französischen, weite Verbreitung fand) äußerst widerstandsfähig ist."

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 378.

Erste deutsche Panzerfestungen in Elsass-Lothringen

Quelle gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France - Fortification cuirassée et les forteresses au début du XXe siècle

Quelle: gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France - Fortification cuirassée et les forteresses au début du XXe siècle

Wie schon gesagt: Das Aufkommen moderner Sprenggranaten war für die Festungsbauer ein Schock. Für die Deutschen kam das alles zur Unzeit, denn sie unternehmen gerade riesige Anstrengungen, um die nach dem Deutsch-französischen Krieg 1870/71 annektierten Regionen Elsass und Lothringen mittels neuer Festungen militärisch zu sichern.

Innerhalb weniger Jahre entwickelten sie einen komplett neuen Festungstyp und nannten sie "Feste".

Im Gegensatz zu herkömmlichen Befestigungsanlagen, die recht kompakt errichtet wurden, verteilten man hier die einzelnen Infanterie- und Artilleriewerke einer neu zu errichtenden Festung im Gelände, nutzte dabei die natürlichen Gegebenheiten zum Schutz der Werke aus, errichtete sie konsequent aus Stahlbeton und setzte auf Panzertürme zum Schutz der Artillerie und gepanzerte Beobachter - beides aus Stahl. In historischen Bücher wird daher häufig auch von Panzerfortifikationen oder Panzerfestungen gesprochen.

Dieser neue Festungstyp wurde erstmalig bei der Festung Kaiser Wilhelm II. bei Mutzig nahe Straßburg umgesetzt. Es folgten etliche weitere Festungsanlagen vergleichbarer Konzeption bei Metz und Thionville. Diese eigentlich französischen Regionen wurden nämlich nach Ende des Deutsch-französischen Krieges von Deutschland annektiert und man begann seinerzeit direkt mit dem militärischen Ausbau, um sie vor einem Angriff Frankreichs zu schützen.

Empfehlenswerte Literatur zum Thema - externe Links:
- Julius Meyer: Metz durch Panzerfronten verteidigt, 1894
- Zeitschrift Eisen und Stahl: Panzerforts und Panzerfronten, 1894

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