Französischer Festungsbau
Frankreich wird gemeinhin als das Land der prachtvollen Schlösser angesehen. Dies sollte erweitert werden: Denn aus meiner Sicht ist Frankreich auch das Land der großen Festungen beziehungsweise Festungsanlagen. In gewisser Weise verwundert das nicht, denn über Jahrhunderte hinweg setzte man dort auf die Landesverteidigung durch mächtige und wehrhafte Bollwerke. Die letzten von ihnen wurden in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts errichtet - das ist gerade einmal eine Generation her.
Frankreich sollte auch als das Land der großen Festungsbaumeister gelten. Nirgendwo in Europa sind deren Namen noch heute in der Bevölkerung so präsent wie in Frankreich. Sie gelten teilweise als Volkshelden. Und nirgendwo in Europa wird ein solcher Aufwand betrieben, deren Nachlass (also die Festungen) zu erhalten, um sie einem interessierten Publikum zugängig zu machen. Es gibt etliche, teils staatliche Institutionen und eine Vielzahl privater Vereine, die sich hauptberuflich oder mühevoll in der Freizeit darum kümmern, dass die Festungen in Schuss bleiben. Interessanterweise fokussiert man dabei die "eigenen Festungen" - heißt: die Festungen, die von den eigenen Festungsbaumeistern errichtet wurden. Warum erwähne ich das? Nun, in Lothringen gibt es eine Vielzahl deutscher Festungen, die überwiegend schlafen und nicht weiter beachtet werden. Sie befinden sich im Regelfall in militärischen Sperrgebieten und sehen einem schleichenden Verfall entgegen. Also gut. Wer sind denn nun die großen Festungsbaumeister der Nation?
Sébastien Vauban ist einer der großen französischen Festungsbaumeister. Er wirkte im 17. Jahrhundert und diente dem legendären Sonnenkönig Ludwig XIV.
Vauban plante insgesamt 33 neue und modernisiert 300 bestehende Festungen. Er gilt als Schöpfer des "eisernen Gürtels", mit dem Frankreich seine Landesgrenzen seinerzeit sicherte. Vauban nahm aber auch als Feldherr an über 50 Belagerungen und 140 Gefechten teil. Zu seinem Hauptwerk zählt die Festungsstadt Neuf-Brisach. Zwölf seiner Festungen wurden 2028 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
Während man in Deutschland mit Vauban oder Maginot etwas anfangen kann, ist Séré de Rivières eher unbekannt. In Frankreich ist das anders:
Sein Erbe wird liebevoll von den Franzosen gepflegt. Rivières war Erbauer der Barrière de Fer bzw. des Système Séré de Rivières. Letzteres ist die Bezeichnung, die von den Franzosen genutzt wird.
Dabei handelt es sich um eine wuchtige Festungskette, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand. Sie besteht aus unglaublichen 190 Festungen unterschiedlicher Größe, 60 Zwischenwerke und sagenhaften 280 Batterien. Dieser Verteidigungswall wurde zum Schutz vor einem Angriff des deutschen Kaiserreiches errichtet und reicht von Verdun im Norden, über Toul, Épinal bis Belfort im Süden.
André Maginot ist wohl heute der bekannteste Festungsbaumeister - in Frankreich selbst und weit über die Landesgrenzen hinaus.
Maginot wurde 1877 in Paris geboren und wurde nach einer bewegten Karriere schließlich Kriegsminister. Er nutzte seinen Einfluss und setzte sich für den Bau eines neuen, modernen Verteidigungswall gegen Deutschland ein - der sogenannten Maginot-Linie. Sie wurde ab 1930 errichtet. Anfangs begleitete Maginot die Bauarbeiten. Doch dann verstarb er plötzlich. Sein Werk wurde dennoch vollendet. Bis heute trägt dieser mächtige Bunkerkette seinen Namen. Vielen Franzosen gilt sie als Symbol des Widerstandes gegen das Dritte Reich - auch wenn die Kanonen der Maginot-Bunker den Einmarsch der Deutschen nicht aufhalten konnten.