Panzertürme französischer Festungen

Einleitung: Wettlauf zwischen der Artillerie und dem Festungsbau

Festungen galten lange Zeit als probates Mittel, strategisch wichtige Orte oder Verkehrsknotenpunkte militärisch zu sichern. Ziel war es, diese Stelle für gegnerische Truppen unpassierbar zu machen. Da die Artillerie eine Distanzwaffe ist, spielte sich dabei eine entscheidende Rolle. Sie ermöglichte es, die wichtigen Landmarken zu beherrschen und anrückende Truppen zu attackieren.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es mehrere Erfindungen, die die Waffentechnik (und hier insbesondere die Artillerie) deutlich veränderte. Ihre Bedeutung wuchs zunehmend. Ein trauriger Beweis waren die Schrecken des Ersten Weltkriegs. Zwischen 1914 und 1918 kamen mehr Menschen durch Artilleriebeschuss ums Leben als bei den Feldattacken. Vergleichbares vollzog sich bei der Festungsartillerie. Die Bedeutung der Infanterie zur Verteidigung einer Festung sank. Dafür wandelten sich die Forts immer mehr zu Artilleriefestungen - später sogar sogenannte Panzerfestungen. Die Infanterie hatte "nur noch" die Aufgabe der Nahverteidigung.

>> siehe: Geschichte des Festungsbaus.


(1) Erfindung des Hinterladers und des gezogenen Laufs.

1840: Martin von Wahrendorff entwickelte ein Hinterladersystem mit (noch) glattem Lauf. Sechs Jahre später gelang ihm auch die Produktion von Hinterladern mit gezogenem Lauf. Heißt: Die Geschosse wurden während des Abschusses durch feine Rillen im Geschützrohr in Drehung versetzt. Man konnte nun sog. Langeschosse verwendet werden; sie ersetzten die einfachen Kugelgeschosse aus Metall. Alles zusammen – also Geschütze mit Hinterladersystem (statt Vorderlader), der gezogene Lauf (statt glattem Lauf) und der Einsatz von Langgeschossen (statt Kanonenkugeln) revolutionierten die Artillerietechnik. Sie gab der Waffengattung eine höhere Wirkung – was nichts anderes bedeutet, als dass man noch effektiver töten konnte (um es auf den Punkt zu bringen).

(2) Entwicklung neuer Geschosse - die Brisanzgranaten.

Einige Jahren nach der Warendorff'schen Erfindungen gab es einen weiteren Sprung der Waffentechnik. Man war in der Lage, die Langgeschosse nicht mehr mit dem üblichen Schwarzpulver zu füllen, sondern mit explosiverem Material [siehe: Brisanzgranatenkrise]. Die Wirkung dieser Exklosivgranaten konnte fatal sein. Herkömmliche Festungen konnten in kurzer Zeit in Schutt und Asche gelegt werden.


Festung

Was genau ist ein Panzerturm?

Auszug aus Meyers Konversationslexikon von 1915: "Panzerturm - gepanzerter Geschützstand für ein oder zwei Geschütze ...Der oben geschlossene Panzerturm dreht sich mit dem Geschütz, um diesem das Feuern nach allen Richtungen zu gestatten, entweder um eine wirkliche senkrechte Achse, wie die Panzerlaffete, oder um eine ideelle Achse auf einer Rollbahn mit Laufrollen oder Laufkugeln, die unter der senkrechten Wand am Panzerturms befestigt sind, Panzerdrehturm. ...

Der Oberbau des Turmes erhielt durch Gruson bei seinen Hartgusstürmen die Kuppelform, die heute auch bei Panzerlaffeten und Panzertürmen der Küsten- und Binnenlandsbefestigungen gebräuchlich ist. Die gewölbte, in Hartguss hergestellte Panzerdecke der Panzertürme legt sich auf einen Vorpanzerring auf .... Die Scharten, die sich in der gewölbten Decke befinden, bilden die unvermeidliche Schwäche des Turmes, der an dieser Stelle durch das feindliche Feuer am leichtesten verletzbar, sonst aber infolge der sphärischen Kuppelform (ein deutsches Konstruktionsprinzip, das seinerzeit in Konkurrenz mit andern, speziell französischen, weite Verbreitung fand) äußerst widerstandsfähig ist."

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 378.

Die Panzertürme der Barrière de Fer

Festungen der Barrière de Fer - interner Link.

Kurz nach Ende des Deutsch-französischen Krieges 1870/71, der aus Sicht vieler Franzosen für sie schmachvoll endete, installierte der Präsident Louis Adolphe Thiers mehrere Kommissionen zum Neuausrichtung der französischen Armee und zum Neuaufbau der Landesverteidigung. Die wichtigen Regionen Elsass-Lothringen und damit auch die dort befindlichen Festungen, deren Bau zur Verteidigung der französischen Ostgrenze kurz vor Ausbruch des Krieges begonnen wurde, gingen an die Deutschen verloren.

Zielsetzung war, eine neue Verteidigungs- und Festungslinie zu errichten, die von Verdun, über Toul, Épinal bis Belfort reichte. Das Konzept dazu wurde von General Séré de Rivières entwickelt, den man anfangs auch mit dem Bau der Festungslinie beauftragte. Er war später auch ihr Namensgeber, denn viele Franzosen sprechen heute noch vom Système Séré de Rivières.

Was für die Franzosen Séré de Rivières in punkto Festungsbau ist, ist Capitaine Henri-Louis-Philippe Mougin hinsichtlich der Hauptbewaffnung dieser Festungen. Denn 1874 wurde ein weiteres Komitee eingerichtet, welches sich speziell mit einer modernen Bewaffnung dieser Festungen befassen sollte (Commission des Cuiassement). Es galt die Frage zu klären, welche Art von gepanzerten Türmen die Festungsartillerie schützen sollte. Hier wiederum war Capitaine Henri-Louis-Philippe Mougin die treibende Kraft. Nach ihm wurde später auch einer der ersten französischen Panzertürme benannt - nämlich der Tourelle Mougin Modèle 1876 - ein aus Gusseisen gefertigter Panzerturm mit zwei Kanonen des Typs Canon de 155 mm L modèle 1877. Produziert wurden diese Panzertürme von zwei Unternehmen: 21 Exemplare mit einem Wert von jeweils rd. 200.000 Francs fertigte das französische Industrieunternehmen "Compagnie des forges et aciéries de la marine et d'Homécourt" in Saint-Chamond (siehe nächsten Abschnitt). Weitere vier Türmer produzierte die Firma Schneider in Creusot.

Nach und nach ging man allerdings in Frankreich - eine analoge Entwicklung gab es übrigens auch in Deutschland - dazu über, Stahl für die Produktion neuer Panzertürme zu verwenden. Gusseisen erwies sich als weniger widerstandsfähig.

Alfred Galopin entwickelte beispielsweise 1889 den "Tourelle Galopin de 155 L modèle 1890" - einem dreh- und versenkbaren Panzerturm mit einer rund 40 Zentimeter dicken Stahlkuppel, der mit zwei Kanonen ausgestattet war. Später folgte der Tourelle Galopin de 75 mm R modèle 1905 bzw. Tourelle Galopin de 155 mm R modèle 1907.

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