Phasen des deutschen Festungsbaus im 19. Jahrhundert

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts erlebte der deutsche Festungsbau erhebliche Umbrüche. Angestoßen wurden sie u.a. durch die Überlegungen des Franzosen Marx-René Montalembert. Er wurde 1714 geboren, trat früh in die Armee ein und nahm an verschiedenen Feldzügen statt. Zeitlebens befasste er sich mit dem Festungsbau, der seinerzeit von der vauban'schen Schule geprägt war.

Montalembert fokussierte sich aber auf die Schwächen bastionärer Befestigungen und versuchte Lösungen dafür zu finden. Ein Beispiel: Bisherige Festungen waren durch einen ständigen Wechsel zwischen Bastionen und Kurtinen (also dem Wall zwischen den Bastionen) gekennzeichnet. Letztere sind aber bei einem Angriff besonders gefährdet, da sie vom Angreifer wegen ihrer großen Fläche frontal angegriffen werden können.

Kurzum: Montalembert suchte bei seinen Studien Lösungen für dieses Problem und beschrieb dabei erstmals die Idee, einen Ort nicht allein durch eine einzige (bastionäre) Festung zu schützen, sondern durch viele, einzeln stehende, dem zu schützenden Ort vorgelagerte Forts zu befestigen. Diese Forts sollten einen polygonalen Grundriss haben und sie sollten derart mit Artillerie ausgestattet sein, dass sie Angreifern das Aufbauen eigener Batterien auf der Glacis der Festung verwehren können.

Die Konzepte Montalemberts wurden dankbar von deutschen Festungsbauingenieuren aufgenommen.

Festungsbau zwischen dem Wiener Kongress 1815 bis zur Reichsgründung 1871


Geschichtlicher Hintergrund:

Diese Phase beginnt mit Ende des Wiener Kongress 1815. Die Fürstenhäuser Europas zeichneten die Landkarte Europas neu und Preußen ging als Profiteure hervor, indem man das Rheinland gewinnen konnte. Das hatte jedoch seinen Preis.

Preußische Könige:
  • Friedrich Wilhelm III.
    Regentschaft: 1797-1840

  • Friedrich Wilhelm IV.
    Regentschaft: 1840-1858

  • Wilhelm I.
    Regentschaft: 1861-1871

Geografischer Fokus:
  • Anfang des Jahrhunderts galt es, in Europa wieder politische Stabilität herzustellen. Sollte Frankreich abermals einen Expansionsdrang verspüren, wollte man gewappnet sein.

  • Daher entstand im heutigen Belgien die sog. Wallington-Barriere. Preußen hatte die Aufgabe, mit neuen Festungen rund um Köln und Koblenz das Rheinland zu sichern und der Deutsche Bund errichtete weiter südlich die Festungen Mainz, Landau oder Ulm.

  • Der deutsche Festungsbau konzentrierte sich in dieser Zeit auf die Sicherung seiner westlichen Grenze gen Frankreich.

  • Die östliche Grenze zu Russland oder Österreich konnte vernachlässigt werden, weil bis in die 1860er-Jahre hinein die drei Staaten eine "Heilige Allianz" ebenfalls zum Schutz von Europa vor einem potenziell aggressiven Frankreich bildeten.

Der Festungsbau:

Das war die Zeit des ersten großen Umbruchs im deutschen Festungsbaus.

Fortan setzten deutsche Ingenieure auf modernere Polygonal-Befestigungen. Das Festung Ehrenbreitstein gilt heute als eine der ersten Festung dieser Art auf deutschem Boden.

Ferner begann man mehrere Forts ringförmig um den zu schützenden Ort herum zu errichten. Ihr Abstand zur Stadt bzw. ihr Abstand untereinander bemaß sich an der (damaligen) Reichweite der Artillerie.

Diese Forts konnten autonom agieren, sie beherbergten sowohl die Artillerie als auch die Infanterie und konnten sich mit ihrer Festungsartillerie gegenseitig decken.

Der Grundriss viele Festungen dieser Zeit erinnerte aber noch immer Stark an die Form einer (vorgeschobenen) Bastion, was Baupläne der Festungen des inneren Festungsrings rund um Köln zeigen.

Quelle: Artillerieunterricht für die k. u. k. Festungsartillerie, VI. Teil Einrichtung der beständigen Befestigungen. Kuk-Hof- und Staatsdruckerei, 1914

Sogenannte Gürtelfestungen entstanden jedoch nicht nur in Deutschland, sondern auch das junge Belgien begann seine wichtigen Städte damit zu schützen. Gleiches gilt für Paris.

- Polygonal-Befestigungen.
- Gürtelfestungen.

Festungsbauprojekte:
  • Festung Köln - ab 1816
    Bau des inneren Festungsrings, linke Rheinseite, neupreußische Manier

  • Festung Köln - ab 1841
    Bau des inneren Festungsrings, rechte Rheinseite, neupreußische Manier

  • Festung Koblenz - ab 1817
    Ausbau der Stadt zu einer preußischen Festungsstadt und Bau der Feste Ehrenbreitstein (1817 - 1828), neupreußische Manier

  • Festung Königsberg - ab 1841
    Bau des inneren Festungsrings

  • Festung Boyen - 1847-1855
    Ausbau der Stadt zu einer
    preußischen Festung

  • Festung Küstrin - ab 1850
    Ausbau der Stadt zu einer
    preußischen Festung

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Festungsbau unter Kaiser Wilhelm I. zwischen der Reichsgründung bis zum Tod (1888)


Geschichtlicher Hintergrund:

Kaiser Wilhelm I
Quelle: Historische Postkarte

Das Jahrzehnt vor der Reichsgründung war von vielen Kriegen geprägt. Russland offenbarte seinen Expansionsdrang in Osteuropa (Krim-Krieg), so dass sich Preußen und Österreich davon bedroht fühlten. Unabhängig davon setzte sich Preußen im Deutsch-deutschen Krieg gegen Österreich durch und Frankreich zettelte wenige Jahre später den Deutsch-französischen Krieg von 1870/71, der zur Einigung der deutschen Staaten unter preußischer Führung und schließlich in die Reichsgründung mündete. Wilhelm I. wurde erster Deutscher Kaiser.

Geografischer Fokus:

Er war zweigeteilt. Das Kaiserreich unter Wilhelm I. hatte auf der einen Seite eine neue Grenze zu Frankreich zu sichern. Deutschland annektierte Elsass und Lothringen und begann direkt mit dem militärischen Ausbau der wichtigen Verkehrsknotenpunkte Straßburg und Metz. Gleichzeitig fühlte man sich allerdings auch von Russland bedroht und begann Städte wie Königsberg, Thron oder Posen entlang der deutsch-russischen Grenze militärisch zu sichern, um im Fall eines Krieges das Vordringen russischer Truppen (mindestens) aufhalten zu können.

Der Festungsbau:

Anfang der 1870er-Jahre entwickelte Hans Alexis von Biehler - er war zeitweise Chef des Ingenieurkorps und später Generalinspektor der preußischen Festungen - das sog. Einheits- oder Schemafort, welches man heute als Biehler-Fort bezeichnet. Es war letztlich eine Blaupause zum schnellen und kostengünstigen Bau neuer Festungen. In der Folge wurden rund 70 Biehler-Forts errichtet.

Biehlersche Einheitsfort

Die Artillerie:

Inzwischen standen den Militärs Hinterlader mit gezogenem Laufzur Verfügung, die eine deutlich größere Reichweite hatten. Im Fall Köln führte das bspw. dazu, dass weit vor den Toren der Stadt ein zweiter Festungsring erreichtet werden musste, weil der erste Festungsgürtel angesichts her höheren Reichweite nutzlos geworden war (siehe Festung Köln). Natürlich setzte man hier auf die Biehler'schen Einheitsforts, die ich zuvor erwähnte.

- Entwicklung der Artillerie.
- Brisanzgranatenkrise.

Das Deutsche Kaiserreich:

Deutsches Kaiserreich - 1871-1918

Festungsbauprojekte:
  • Festung Metz - 1871-1892
    Ausbau des von den Franzosen vor dem Dt-franz. Krieg begonnenen ersten Festungsrings

  • Festung Köln - 1871-1880
    Bau des zweiten Festungsrings rund um die Stadt, Köln wird zu einer Gürtelfestung mit modernen Polygonal-Befestigungen.

  • Festung Straßburg - ab 1872
    Ausbau der Stadt zu einer Gürtelfestung mit modernen Polygonal-Befestigungen

  • Festung Königsberg - ab 1872
    Ausbau der Stadt zu einer Gürtelfestung mit modernen Polygonal-Befestigungen

  • Festung Thorn - ab 1873
    Ausbau der Stadt zu einer Gürtelfestung mit modernen Polygonal-Befestigungen

  • Festung Posen - ab 1876
    Ausbau der Stadt zu einer Gürtelfestung mit modernen Polygonal-Befestigungen

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Festungsbau unter Kaiser Wilhelm II. zwischen 1888 bis zum Ersten Weltkrieg


Geschichtlicher Hintergrund:

Unter Kaiser Wilhelm II. veränderte sich der deutsche Festungsbau in mehrfacher Hinsicht. Es veränderte sich der geografische Fokus und es wurde ein gänzlich neuer Festungstyp entwickelt - die Feste.

Geografischer Fokus:

Die Festungsbauprogramme konzentrierten sich auf die Sicherung der Grenze zu Frankreich - also auf die einst franz. Städte Straßburg, Metz und Thionville. Die von seinem Vorgänge stark befestigte Ostgrenze wurde zwar modernisiert, es entstanden aber keine neuen Festungen mehr. Das ist durchaus bemerkenswert, weil wegen der Entwicklung der Artillerie diese eigentlich als veraltet anzusehen waren.

Die Artillerie:

Treiber des Festungsbaus war die Artillerie: In den 1880er-Jahren kamen sog. Brisanzgranaten auf, deren Wirkung die herkömmlicher Granaten in den Schatten stellte. Auf einen Schlag gelten bisherige Festungen als veraltet. Darauf mussten die Festungsbauer natürlich reagieren - nicht nur in Deutschland.

- Entwicklung der Artillerie.
- Brisanzgranatenkrise.

Der Festungsbau:
Feste Friedrich Karl bei Metz

Feste Friedrich Karl bei Metz

Angesicht der Bedrohung durch moderne Brisanzgranaten wurde bereits unter Kaiser Wilhelm I. bei Thorn mit dem Bau einer neuartigen Panzerfestung begonnen. Das war ein Prototyp. Es folgte die Feste Kaiser Wilhelm II. westlich von Straßburg. Sie gilt als erste Panzerfestung des deutschen Kaiserreich. Dann ging es Schlag auf Schlag: rund um Metz entstand ein zweiter Festungsring - natürlich bestehend aus diesen Panzerfestungen. Und es folgte Thionville.

- Entwicklung dt. Panzerfestungen.
- Festungen in Elsass-Lothringen.

Impressionen von deutschen Panzerfestungen
  • Feste Wagner - Metz
  • Feste Wagner - Metz
  • Batterie Plappeville - Metz
  • Feste Kaiser Wilhelm II bei Straßburg - deutsche Panzerfestung
    Feste Kaiser Wilhelm II. - Straßburg
  • Deutsche Panzerfestung Lothringen bei Metz
    Feste Lothringen - Metz
  • Panzertürme und Festungsartillerie
  • Feste Friedrich Karl - deutsche Panzerfestung bei Metz
    Feste Friedrich Karl - Metz
  • Gepanzerter Beobachter - Metz
Festungsbauprojekte:

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