Deutsche Gürtelfestungen
Gürtelfestungen im 18. Jahrhundert
Natürlich spielte bereits im 18. Jahrhundert die Artillerie im Festungskrieg eine wesentliche Rolle. Siehe: Entwicklung der Artillerie - Festungskriege.
Aus heutiger Sicht würde man auch von einer altertümlichen Artillerie sprechen. Dennoch: Es gab auch in dem Jahrhundert Verbesserungen.
Das führte dazu, dass sich deutsche Ingenieure gegen Anfang des 18. Jahrhunderts vom damals noch vorherrschenden Bastionärsystem lösten, welches stark von den Ideen Vaubans geprägt war.
Man setzte fortan auf einen sternförmigen Grundriss (also dem Tenaillen-System), den man allerdings etwas abwandelte, indem man vorgelagerte Werke zum zusätzlichen Schutz der Festung errichtete. Diese Werke wiederum erinnerten stark an losgelöste Bastionen und waren noch mit dem Hauptwall der eigentlichen Festung verbunden. Die Ingenieure schufen so eine neue Festungstypen, die als die altpreußische Befestungsmanier in die Geschichte eingehen soll.
Das gesamte Konzept wurde dann unter Friedrich dem Großen (1712-1786) zur Perfektion getrieben. Unter seiner Ägide entstanden mehrere Festungen, bei denen das Hauptwerk durch vorgelagerte Forts ergänzt wurde:
Gürtelfestungen im 19. Jahrhundert
Die Weiterentwicklung der Gürtelfestungen im Verlauf des 19. Jahrhunderts sollte man in zwei Abschnitte unterteilen.
a) Deutscher Festungsbau nach 1815
Die erste Entwicklungsperiode markiert die erste Hälfte des Jahrhunderts. Nach dem Wiener-Kongress ließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. das just seinem Reich zugeschlagene Rheinland militärisch sichern (Ausbau der Stadt Köln zu einer Gürtelfestung). Unabhängig davon begann der Deutsche Bund zum Schutz ausgewählter Städte wie Ulm oder Rastatt neue Festungen errichten.
In beiden Fällen setzte man darauf, der eigentlichen Festungsanlage, zahlreiche detachierte Forts vorzulagern. Die Festungen hatten allesamt den Zweck, den Franzosen im Fall abermaliger Aggressionen den Weg nach Osten zu verwehren. Dieser Periode ist aber noch eine weitere Besonderheit zuzuordnen: Frühere Festungen folgten dem Tenaillen-System, von dem sich die Preußen ebenfalls verabschiedeten. Sie setzten fortan auf Polygonal-Befestigungen wie sie Marc-René Montalembert wenige Jahrzehnte zuvor beschrieb.
b) Deutscher Festungsbau nach 1871:
Das noch junge Kaiserreich unter Wilhelm I. legte ein Programm zum Bau neuer Festungen auf.
Es galt die just vereinnahmten französischen Regionen Elsass-Lothringen zu schützen und die Ostgrenze des Reichs zu Russland militärisch auszubauen.
Diese Periode kennzeichnet, dass man fortan auf sogenannte Einheitsforts mit polygonalen Grundriss setzte (siehe: Biehler-Fort), die zentrale Bestandteile künftiger Gürtelfestungen sein sollen.
Beeinflusst wurde das Festungsbauprogramm Wilhelm I. durch folgende Faktoren:
Um Paris herum wurde bereits in den 1840er-Jahren ein erster Festungsring herum gebaut. Deutsche Truppen sammelte wichtige Erkenntnisse beim Kampf um Paris im Verlauf des Deutsch-französischen Krieges.
In den 1840er-Jahren wurden neue Geschützte entwickelte: Hinterlader mit gezogenem Lauf. Sie hatten eine höhere Reichweite und Treffgenauigkeit als bisherige Vorderlader. Siehe: Entwicklung der Artillerie.
Unabhängig davon verbesserten sich zunehmend die Möglichkeiten, moderne Geschützte in größeren Stückzahlen herzustellen. Und der Deutsch-französische Krieg zeigte, welche Bedeutung die Artillerie auf künftigen Schlachtfeldern haben wird. In Deutschland tat sich dabei die Firma Fried. Krupp in Essen sowie die Magdeburger Firma von Gruson hervor. Beide Unternehmen verschmolzen später. Siehe: Produzenten deutscher Rüstungsgüter.
Der belgische General Henri Alexis Brialmont wurde in den 1860er-Jahren beauftragt, Antwerpen durch einen Festungsring zu einer Gürtelfestung auszubauen. Mit ihm hatten die deutschen Festungsbauingenieure regen Austausch. Brialmont war es auch, der seine Festungen erstmals systematische mit Panzerung ausstattete und erste Panzertürme zum Schutz der Artillerie installieren ließ. Siehe: Festungen rund um Antwerpen.
Hans Alexis von Biehler wurde 1873 Chef des Ingenieurkorps und gut zehn Jahre später sogar Generalinspektor aller preußischen Festungen. Er war maßgeblich an der Entwicklung eines neuen Einheitsforts beteiligt, welches in der Folge siebzig mal in die Tat umgesetzt wurde. Siehe: Biehler'sche Einheitsfort.